Oldtimer – auch und insbesondere die relativ bezahlbaren Luftis – sind im Laufe ihres Lebens häufig durch viele Hände gegangen. Und vor allem die getunten und individualisierten Exemplare verändern im Zuge der Besitzerwechsel auch recht häufig ihr Erscheinungsbild. So ist es durchaus möglich, dass man ein- und demselben Fahrzeug im Lauf der Jahre mehrfach begegnet, es aber nicht mehr ansatzweise wiedererkennt. Im Fall des hier abgebildeten Käfers kann DAS nicht passieren. Denn einerseits ist der Käfer mit seiner grellblauen Farbgebung optisch einfach zu markant und andererseits hat sich sein Auftritt in den vergangenen 25 Jahren kaum verändert. Und diese Tradition führt sein aktueller Besitzer, Ole Braun aus Bad Oeynhausen, ganz bewusst fort.

Dieser Name kommt dem einen oder anderen bekannt vor? Richtig. Ole ist Inhaber und Betreiber der Aircooled Area, welche wir euch ja in der letzten Ausgabe von WOB Klassik bereits näher vorstellten. Für den heute 46-Jährigen stand bei der Übernahme des Wagens vor etwa sieben Jahren fest: Optisch wollte er das von einem Vorbesitzer „Weekend Warrior“ getaufte Fahrzeug zwar weitgehend unverändert erhalten, dem Custom-Käfer auf der anderen Seite aber doch deutlich mehr Fahrdynamik einhauchen.

Schweden-Heimkehrer

Seinen Weg zurück nach Deutschland fand der Käfer, offiziell ein 1200er Ovali mit Erstzulassung im August 1954, der zwischenzeitlich mehrere Jahrzehnte in Schwede verbracht hatte und dort in den 1980er Jahren von seinem damaligen Eigner Per Hallgren im Zuge eines kompletten Neuaufbaus auch den bis heute weitgehend erhaltenen Look erhielt, bereits zu Anfang der 1990er Jahre: Erste dokumentierte Sichtungen datieren auf der Jahr 1988, in welchem der VW beim VW-Forum in Castrop-Rauxel auftauchte. Bereits in den späten 1980ern hatte der Käfer neben seiner auffälligen Farbe auch seine GFK-Flipfront von CSP, die einteilige Motorhaube mit angeschweißten Abschlussblechen sowie die glatten Alu-Trittbretter und die um zwei Zentimeter nach innen verbreiterten Kotflügel vorzuweisen. Damals allerdings war er noch Teil eines Gespanns: Der Käfer zog einen gleichfarbigen Mini-Wohnwagen hinter sich her. Bald darauf wechselte das Zugfahrzeug solo nach Deutschland, wo sein neuer Besitzer es über die Hürden einer deutschen Zulassung wuchtete, ohne seine Erscheinungsbild maßgeblich zu verändern. Ebenso ging – von Details einmal abgesehen – der nächste Eigner vor, sodass Ole den Flipfront-Ovali auch ein Vierteljahrhundert nach dessen Aufbau optisch praktisch im „Originalzustand“ erwerben konnte. Technisch indes hatte der VW es nötig.

Motor-Revision beim Boxerpapst

Der Typ 1-Motor ging zu „Boxerpapst“ Guido Denter, wo er einer umfassenden Kur unterzogen wurde. Aus der Kombination einer Gene Berg-Kurbelwelle mit 78 Millimetern Hub und 92er Zylindern und Kolben auf H-Schaft-Pleueln resultiert ein Brennkammervolumen von 2,1 Litern. Die Zylinderköpfe mit angepassten und vergrößerten Kanalführungen wurden mit 42/35,5er Ventilen bestückt. Im Zentrum rotiert eine 301 Grad „scharfe“ Engle W125-Nockenwelle, während eine Weber 44 IDF-Doppelvergaseranlage das zündfähige Gemisch präpariert. Der Brennstoff selbst wird in einem aus poliertem Edelstahl gefertigten 30-Liter-Tank unter der klappbaren Fronthaube mitgeführt, wo darüber hinaus ein Zusatzölkühler seinen Dienst tut. Als Ergebnis resultieren rund 150 PS, die den nur rund 650 kg leichten Käfer zu einem veritablen Geschoss machen, welches aufgrund seines Hubraumwachstums nun eigentlich ein VW „2100“ ist. Die Ovali-Karosse aus den 50ern war einst zwar auf die Bodengruppe eines 1968er Automatics montiert worden, dessen ungeachtet ist jedoch ein manuelles 4-Gang-Schaltgetriebe an Bord. Selbiges erhielt eine Überarbeitung von Holger Siebert und wurde mittels eines erleichterten und feingewuchteten 200-Millimeter- Schwungrads an den Motor angebunden.

Nürburgring-Fahrwerk und Semilicks auf Turbo-Füchsen

Um der gegenüber dem Serienzustand knapp verfünffachten Leistung stets Herr bleiben zu können, rüstete Ole den Käfer mit einem Bilstein „Nürburgring“-Sportfahrwerk aus. Dies darf durchaus als Hinweis darauf verstanden werden, dass der „Weekend Warrior“ nicht selten auch in hastiger Gangart auf Track-Asphalt bewegt wird – beispielsweise im Rahmen des Aircooled Race Weekends, über dessen jüngste Ausgabe wir in dieser WOB Klassik-Ausgabe auf den Seiten 80-83 berichten. Dort können dann auch die Toyo Proxes R888-Semislicks in 205/50R16 und 225/45R16 ihr ganzes Potenzial entfalten, die Ole auf originale „Füchse“ in den Porsche 911 Turbo-Dimensionen 6×16 und 8×16 Zoll aufziehen ließ, deren Sterne in Wagenfarbe lackiert wurden. Hinter den Rad/Reifen-Kombinationen warten an der Vorderachse die kraftvollen Sättel einer MBT/Klaus-Bremsanlage auf ihren zupackenden Einsatz, während die Stopper der Hinterachse mit Kerscher-Sportbremsscheiben aufgerüstet wurden.

Blau in Blau

Blau in Blau präsentiert sich neben der Karosserie und den Rädern auch das Cockpit: Hier nehmen die Insassen inmitten einer Velours-Landschaft in mittelblauen Vollschalensitzen Platz, in denen sie sich mit hellblauen Sicherheitsgurten anschnallen. Fünf Zusatzinstrumente (Drehzahlmesser, Öltemperatur, Öldruck, Spannung, Uhrzeit) sind in das glatte, blaue Armaturenbrett integriert und der Alu-Schaltknauf ist blau eloxiert. Hatten wir schon erwähnt, dass bei diesem Käfer die vorherrschende Farbe ist? Und das wird auch so bleiben!

Eine Veröffentlichung in der WOB Klassik „PORTRAIT AIRCOOLED AREA-KEMENATE“
TEXT UND FOTOS: SEBASTIAN BRÜHL